Motiviert durch Beobachtungen und Erfahrungen aus mehrjähriger Messpraxis konzipierte BioLog 1998 eine Reihenuntersuchung an Schlafplätzen, die in systematischer und konsistenter Weise folgende elektromagnetischen Parameter an etwa 50 Schlafplätzen erheben sollte:
Eine Besonderheit des Untersuchungsentwurfs lag darin, dass nicht nur quantitative Feldeigenschaften (Feldstärken), sondern auch qualitative (zeitliche Veränderlichkeit über Nacht, Frequenzspektrum) einbezogen wurden. Aufgrund dessen, was heute über die biologischen Wirkmechanismen von elektromagnetischen Feldern bekannt ist oder vermutet werden kann, ist es sehr wahrscheinlich, dass über eine bloße Feldstärkebetrachtung hinaus qualitative Feldeigenschaften für biologische Auswirkungen eine wichtige Rolle spielen.
Ergänzend wurden noch folgende Begleitgrößen erhoben und in die Auswertung einbezogen:
Es sei darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Untersuchungsteilnehmer keinerlei Vorauswahl getroffen wurde - wer Interesse bekundete, war dabei. Die Teilnehmerschaft war deshalb bunt gemischt, von Leuten, die einfach aus allgemeinem Interesse und persönlicher Neugier heraus mitmachten bis hin zu solchen, die für Befindlichkeitsstörungen oder Krankheiten Ursachen im Wohnumfeld vermuteten und dafür baubiologische Hilfe suchten.
Das erste Ziel der Reihenuntersuchung bestand darin, zum immer noch umstrittenen Thema "Elektrosmog" für den besonders sensiblen Bereich der Schlafplätze eine verlässliche, standardisierte Datenbasis zu bekommen. Eine solche lag zumindest auf dem baubiologischen Sektor und bezüglich der qualitativen Feldeigenschaften und des Aspekts "Erdmagnetfeldverzerrungen" - bei dem sich grob gesagt allerhand Wildwuchs bis in den esoterischen Bereich hinein ("Erdstrahlen") tummelt - in der von mir überschauten Literatur nicht vor. Eine solche Datenbasis erlaubt eine empirische, realitätsorientierte Bestimmung von Normal-, Variabilitäts- und Extrembereichen für die verschiedenen Messgrößen.
Die Kopplung mit einer Gesundheitserhebung ließ - als zweites Ziel - erwarten, dass die Reihenuntersuchung auch Beiträge zur Frage einer Gesundheitsbelastung durch bestimmte Werte und Eigenschaften der Messgrößen würde liefern können.
Das Vorhaben wurde unterstützt durch die Frankenpost Hof und Radio Euroherz, die mit Artikeln bzw. einer Sendung halfen, in einer angemessenen Zeitspanne die erforderliche Anzahl von Untersuchungsteilnehmern zu erreichen.
Im folgenden werden das Verfahren und die Ergebnisse für die Erdmagnetfeldverzerrungen näher beschrieben.
Im Rahmen einer Schlafplatzuntersuchung auf Belastung durch elektromagnetische Felder - sog. Elektrosmog - dürfen kleinräumige Verzerrungen des natürlicherweise gleichförmig verlaufenden Erdmagnetfelds nicht außer Acht gelassen werden. Das natürliche Magnetfeld der Erde ist auf großer Skala ein Dipolfeld, dass sich vom (magnetischen) Südpol bis zum (magnetischen) Nordpol in Nordkanada gleichmäßig erstreckt und in unseren Breiten Feldlinien aufweist, die annähernd in Nordrichtung unter einem Winkel von knapp 60° schräg in den Boden "tauchen". Geologische Erscheinungen wie Erzlagerstätten können örtliche Abweichungen verursachen. Verzerrungen auf einer Skala von Dezimetern kommen jedoch natürlicherweise nicht vor und haben in der Regel ihre Ursache in bettnahen magnetisierten Metallen.
Es ist bekannt, dass das Erdmagnetfeld biologische Organismen in vielfältiger Weise beeinflusst und z.B. von Bienen zur Orientierung genutzt wird. In den 90-er Jahren wurde ferner erkannt, dass für die Wirkung - und damit wohl auch für die biologische Bewertung - technisch erzeugter Wechselfelder deren Orientierung relativ zum Erdmagnetfeld eine Rolle spielt (siehe z.B. H.-P. Neitzke u.a., Risiko Elektrosmog, Birkhäuser 1994, insbes. Kap. 5). Eine besonders erregende Entdeckung gelang 1992 mit dem Nachweis, dass biogene magnetische Eisenkristalle (Bio-Magnetit Fe3O4 und Bio-Greigit Fe3S4), die von einer Reihe von Tieren bereits bekannt waren, auch in menschlichen Nervenzellen in erheblichem Maß vorkommen. Ihre biologische Rolle ist zwar noch unbekannt, jedoch darf angenommen werden, dass es sich dabei nicht einfach um evolutiven Abfall handelt, und dass das Bio-Magnetit für die Diskussion von Elektrosmog und Elektrosensibilität noch eine wichtige Rolle spielen wird .
Die Erdmagnetfeldverzerrungen werden im folgenden abkürzend als Bgeo-Daten bezeichnet (B = das in der Physik übliche Symbol für das Magnetfeld, geo = geologisch).
Für die Datengewinnung wurde auf der Liegefläche ein gleichbleibendes Messraster mit jeweils 3x5 Messpunkten (Abstände quer 20 cm, längs 23 cm, im Beinbereich doppelt so groß) definiert, an denen die Azimutrichtung der horizontalen Magnetfeldkomponente und die Feldstärke der vertikalen Komponente gemessen wurden. Für die Auswertung bzw. Beurteilung sind die Änderungen dieser Messgrößen von Messpunkt zu Messpunkt maßgebend. Die horizontale Richtung wurde mit einer Kompassleiste mit 5 Kompanten der Firma Merkel Messtechnik, die vertikale Komponente mit dem Geomagnetometer BPM2001 der Firma Biophysik Mersmann (Sonde jeweils in einer Messleiste fixiert).
Um die Angaben aus den Gesundheitsfragebögen mit den Messwerten in Diagrammen in Beziehung setzen zu können, wurde eine Kodifizierung nach Gesundheitsklassen "Ges" eingeführt. Dafür wurden zunächst für jeden Teilnehmer/Schlafplatz einfach die Zahl der angekreuzten Vorgaben gezählt, wobei einige eng zusammenhängende Punkte nicht separat gewertet (z.B. Antriebsstörung und Interesseverlust), sondern zu 1 oder 1,5 Punkten zusammengefasst wurden. Diese Rohbewertung wurde dann anhand der individuellen Zusatzangaben um 1 - 3 Punkte erhöht, so dass aus dem Fragebogen im Endeffekt maximal 9 Ges-Punkte möglich waren. Die Skala wurde abgeschlossen durch Ges=10 mit der Bedeutung "an Krebs gestorben". Das war bei den Ehepartnern zweier Teilnehmer der Fall, deren Betten ebenfalls vermessen wurden.
Es sei darauf hingewiesen, dass diese Gesundheitseinstufung die wirkliche Situation tendenziell zu optimistisch darstellt, da die Selbsteinstufung anhand des Fragebogens insbesondere von den männlichen Teilnehmern eher zurückhaltend vorgenommen wird und auch nicht in jedem Fall davon ausgegangen werden kann, dass bestimmte Probleme wirklich im Fragebogen genannt werden (z.B. mehrfache Fehlgeburten). Dieser Effekt dürfte verstärkt im "kranken" Bereich der Skala eine Rolle spielen.
Das folgende Diagramm zeigt die Häufigkeit der verschiedenen Gesundheitsbeeinträchtigungen für Ges-Werte zwischen 3 und 9 (das ist oberhalb des bei Ges=2 liegenden Medians, also in der "kranken" Hälfte):
Dabei bedeuten: IH = Infekthäufung; IHw = Infekthäufung, nach Antibiotika schnell wiederkehrend; diff-GS = diffuse Gelenkschmerzen; KS = ständige Kopfschmerzen; E-DSST = Ein-/Durchschlafstörungen; motUn = motorische Ungeschicklichkeit; nwMüd = nicht weichende Müdigkeit; AnSt = Antriebsstörungen; IV = Interesseverlust; Depr = Depressionen; Schwin = Schwindelgefühle; Herz = Herzrasen; All/ND = Allergie/Neurodermitis; Autoim = Autoimmunerkrankung; Krebs- = Krebs gehabt.
Die Erdmagnetfeldstärke B wird in der Einheit Mikrotesla (µT) angegeben, die für die Auswertung relevante Feldstärkenänderung pro Meter B' hat daher die Einheit µT/m. Je größer der Wert von B', desto ungleichmäßiger ist in der Regel der Feldstärkenverlauf.
Für jeden Messpunkt wurden die vertikalen Feldstärke- und die horizontalen Richtungsänderungen bezüglich der Nachbarpunkte bestimmt. Für die Auswertung wurden daraus als Kenngrößen je Schlafplatz Mittelwert und Streuung (Standardabweichung) sowie der Maximalwert errechnet.
Das folgende Diagramm zeigt die Verteilung der B'-Mittelwerte ("<B'>") für die gesamte Reihenuntersuchung, d.h. wie häufig welche <B'>-Werte insgesamt vorkamen. Die Matrazenmittelwerte <B'> können als eine pauschale Charakterisierung der Matraze verstanden werden. B'-Werte an einzelnen Stellen der Matraze lagen in der Regel um das 2 - 4-fache höher. Die verschiedenen Matrazentypen sind dabei farblich unterschieden: rot oder F kennzeichnet Federkernmatrazen, blau oder L (wie Latex) steht allgemein für metallfreie Matrazen, gelb oder u bedeutet unklar. Wichtig ist, dass F- und L-Matrazen mit 19 bzw. 20 Fällen insgesamt praktisch gleich häufig vertreten sind. Die F-Matrazen waren meist langjährig im Gebrauch, und im Fall eines Matrazenwechsels in den letzten ca. 5 Jahren waren meist die Vorgängermatrazen ebenfalls von diesem Typ. Es muss davon ausgegangen werden, dass dies in vielen Fällen auch für die Vorgängermatrazen der - meist weniger lang im Gebrauch befindlichen - L-Matrazen zutrifft, so dass der "biologisch wirksame" Anteil an F-Matrazen in Wirklichkeit höher ist als es die Momentaufnahme des Diagramms zeigt.
Eingezeichnet sind außerdem der "Median" med() = 4,85 µT/m der Verteilung - das ist der Wert, der in je 50% der Fälle unter- und überschritten wird und den wir daher als obere Grenze des "Normalbereichs" nehmen, sowie die von dieser Untersuchung nahegelegte Grenze zum Extrembereich, der hier beim 5-fachen des Medians endet (für die Definition des Extrembereichs bestimmen wir zunächst die mittlere Abweichung vom Median und definieren dann als "extrem" Werte, die um mehr als (rund) 2 mittlere Abweichungen über dem Median liegen). In der vorliegenden Untersuchung sind damit 16% der Schlafplätze (d.h. etwa 1/6) als extrem einzustufen. Die Verteilungen der beiden Matrazentypen F und L auf die beiden Bereiche unterhalb bzw. oberhalb des Medians sind interessanterweise sehr unterschiedlich: die F-Matrazen haben oberhalb des Medians einen Anteil von 64%, unterhalb aber nur von 14% (die Medianlinie erscheint im Diagramm etwas zu weit links).
Es ist ersichtlich, dass starke oder extreme Erdmagnetfeldverzerrungen (<B'> > 8 µT/m) ausschließlich bei Federkernmatrazen vorgekommen sind, so dass andere Ursachen für starke Verzerrungen offenbar eine untergeordnete Rolle spielen. Die Wahrscheinlichkeit, auf einer Federkernmatraze starke oder extreme <B'>-Werte zu finden, liegt nach diesem Diagramm bei 58% (allerdings zeigt das Diagramm auch, dass durchaus auch "neutrale" Federkernmatrazen mit <B'>-Werten im unteren Bereich vorkommen).
Das nächste Diagramm zeigt - wieder nach Matrazentyp aufgeschlüsselt - die Häufigkeit der verschiedenen Stufen von Gesundheitsbeeinträchtigungen:
Bei kleinen und mittleren Ges-Stufen sind alle Matrazentypen etwa gleichmäßig vertreten. Bei den obersten Ges-Stufen gilt diese statistische Gleichverteilung nicht mehr, sondern hier kommen systematisch nur Federkernmatrazen vor; für sie gilt das zum vorigen Diagramm Gesagte.
Das folgende Diagramm zeigt den Zusammenhang zwischen den Gesundheitsstörungen (Ges-Code) und dem Ort auf der Matraze ("Ce-Code"), wo extreme Einzelwerte von B' zu verzeichnen waren. Dabei bedeutet Ce = 0 "nirgends", Ce = 1 "Kopfbereich", Ce = 2 "Brust-/Bauchbereich", Ce = 3 "Beinbereich" und Ce = 4 "überall".
Wesentlich ist die rote Linie, die bei den jeweiligen Ce-Werten den Schwerpunkt der blau eingetragenen Ges-Werte anzeigt. Es ist deutlich zu erkennen, dass bei Matrazen, die überall extreme Werte zeigten (Ce=4) im Mittel wesentlich höhere Ges-Werte vorkamen als bei Matrazen, die extreme <B'>-Werte nur an Einzelstellen aufwiesen. Matrazen des Typs "überall" stellen offenbar ein quantifizierbar höheres Gesundheitsrisiko dar als die anderen Typen.
Das letzte Diagramm zeigt über der "Ges"-Einstufung aufgetragen die Stärke der jeweils vorliegenden Erdmagnetfeldverzerrung. Es fasst damit die beiden vorigen Diagramme gewissermaßen zusammen. Jeder Schlafplatz ist durch einen Punkt dargestellt. Die waagrechte Linie markiert wieder die Grenze zum Extrembereich dieser Untersuchung, die nach rechts oben gekrümmte Kurve ist die Trendlinie aller Datenpunkte:
Es ist anzumerken, dass nicht ganz- oder halbzahlige Ges-Werte wie 2,1 dadurch zustandekommen, dass für den Zweck der besseren Darstellbarkeit im Diagramm die bei einem ganzzahligen Wert Ges=n liegenden Punkte auf das ganze Intervall bis Ges=n+0,5 verteilt wurden. Ferner sind im Diagramm die Fälle mit <B'> < 3 µT/m weggelassen, deren Ges-Werte liegen aber größtenteils bei 0, nur in 2 dieser Fälle wird Ges=5 erreicht. Die Trendlinie wird dadurch so gut wie nicht beeinflusst.
Das Markante an diesem Diagramm ist, dass die rechte untere Ecke leer ist: es kamen keine starken Gesundheitsbeeinträchtigungen bei gleichzeitig niedrigen Erdmagnetfeldverzerrungen vor. Das ist ein durchaus verblüffendes Ergebnis, denn es gibt außer dem jahrelangen Schlafen auf starken Erdmagnetfeldverzerrungen sicher auch andere Krankheitsursachen. Der hier erkennbare Trend ist jedoch auch "statistisch signifikant" und das bedeutet: wenn schon diese wenigen Punkte mit Ges > 6 alle systematisch bei extremen <B'>-Werten liegen, dann ist zu erwarten, dass bei höheren Fallzahlen sich zwar auch die hier leere rechte untere Ecke langsam füllen würde, verstärkt aber der Bereich darüber, oberhalb der Extrem-Linie.
Zur Beurteilung dieses Befunds sind die interne Belastbarkeit der Daten und die mögliche Einwirkung anderer Ursachen (im Jargon "confounder" genannt) zu prüfen.
Zum Test der internen Belastbarkeit kann man - wie oben diskutiert - eine i.a. zu optimistische Ges-Einstufung annehmen und alle Punkte (außer Ges=10) um 1 oder 2 Stufen nach rechts verschieben. Der Trend erscheint dabei nur deutlicher ausgeprägt. Um Fehleinstufungen bzgl. Ges zu simulieren, kann man auch jeweils benachbarte Ges-Werte zusammenfassen (d.h. beispielsweise Ges=3 bis Ges=5 werden alle in Ges=4 gepackt) und darüber die Mittelwerte deren <B'>s auftragen. Der diskutierte Trend ist auch dann noch deutlich vorhanden.
Confounder sind im Zusammenhang dieser Reihenuntersuchung vor allem die Befunde bei den nieder- und hochfrequenten Feldern. Diese sind gerade bei den 4 extremen Fällen der rechten oberen Ecke unauffällig. Auch sonst ergeben sich aus dem direkten und weiteren Wohnumfeld, wie es beim Vor-Ort-Termin und durch die begleitenden Fragebögen erfasst wurde, keine auffälligen Hinweise auf Ursachen außer den Erdmagnetfeldverzerrungen, die die hohen Ges-Werte erklären würden.
Es sei betont, dass das Diagramm dennoch nichts "beweist" im landläufigen Sinn. Zum einen kann man mit der Methodik einer solchen Felduntersuchung grundsätzlich nichts "beweisen", sondern nur wahrscheinlich machen. Zum anderen wäre zur besseren statistischen Absicherung eine wesentlich umfangreichere Untersuchung wünschenswert. Das Diagramm ist aber als beeindruckender Hinweis auf einen sehr wahrscheinlichen Trend zu werten.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Daten noch eine Reihe anderer Auswertungen ermöglichen. Insbesondere ergibt sich der gleiche Trend, wenn man statt der vertikalen die horizontale Feldkomponente wählt (die als eine im wesentlichen von der vertikalen unabhängige Variable zu betrachten ist - es sind Szenarien mit starken Variationen der vertikalen Komponente denkbar, die sich nicht in entsprechenden Variationen der horizontalen Komponente niederschlagen, und umgekehrt). Weiterhin zeigt sich ein enger Zusammenhang zwischen den Mittelwerten <B'> und deren Streuungen über eine Matraze. Das bedeutet bildlich gesprochen, dass man im allgemeinen mit zunehmendem Mittelwert <B'> nicht auf einer immer schrägeren, aber ansonsten glatten Fläche, sondern auf einer mit immer gröberen Blöcken übersäten Liegefläche schläft.